Erstaunlich lange war er die perfekte Besetzung für die Rolle des genialen Künstlers: für seine Gemeinde ein Gott am Klavier, im Leben ein blasierter Dandy mit langem Haar, flatterndem Seidenschal und androgyner Aura. (Foto)
Er war metrosexuell, lange bevor es den Begriff überhaupt gab. Ein früher Beckham des Pianos, das glamouröse Gegenmodell zum vergeistigten Virtuosen der Vergangenheit. Und sogar das Spiel passte zum Image des Jünglings, der 1980 mit 22 durch einen Klavierwettbewerb berühmt wurde, den er auf spektakuläre Weise vergeigte. Pogorelichs Platten wurden Renner, seine Konzerte waren ausverkauft.
Der Kroate Ivo Pogorelich, 47, war der Popstar am Klavier, ein Künstler der Extreme. Beinahe zwanzig Jahre hielt der Pakt mit Plattenindustrie und Publikum, dann unterbrach der Tod von Pogorelichs Frau 1996 die Karriere. Der Pianist zog sich weitgehend aus dem Konzertleben zurück – das vorläufige Ende eines modernen Romantikers.
Nun ist er, äußerlich und künstlerisch verwandelt, wie ein angeschlagener Boxer zurück. Seine Haare sind geschoren, sein Gesicht ist fülliger geworden. Und sein Spiel hat alle Leichtigkeit verloren, es klingt schwer und düster. Pogorelich zerlegt die Stücke auf der Klaviatur wie ein Pathologe eine Leiche auf dem Seziertisch – mit kalter, abgeklärter Neugier.
Am 27. und 31. August tritt er beim Kunstfest Weimar mit Rachmaninows 2. und Prokofjews 3. Klavierkonzert auf. Die Junge Philharmonie Thüringen, ein Ensemble von Berufseinsteigern, begleitet, und Hans Rotman, der seine künstlerischen Meriten hauptsächlich in Erfurt und Halle sammelte, dirigiert.
Der Ausnahmekünstler scheint sich mit solchen Auftritten auch beweisen zu wollen, dass er seine private Tragödie überwunden hat. 1980, in seinem Schicksalsjahr, hatte Pogorelich, der damals als «schönster Pianist seit Franz Liszt» galt, seine Klavierlehrerin, die 14 Jahre ältere Russin Aliza Kezeradze geheiratet. Es war das Jahr, in dem er durch einen Eklat den Chopin‑Wettbewerb in Warschau sprengte.
Die Pianistin Martha Argerich hatte unter Protest ihr Jury‑Amt hingeschmissen, als Pogorelich in der dritten Runde ausscheiden musste. Sie schäumte öffentlich, nannte den Verschmähten «ein Genie» und puschte ihn so zur Weltkarriere.
Verkraften konnte der junge Ehemann den internationalen Hype nur durch die Bodenständigkeit seiner Frau. Sie schirmte ihn ab, dirigierte seine Karriere und übte mit ihm weiter eisern Klavier.
Aus der Wochenzeitschrift Der Spiegel, Nr. 34, S. 156
(verkürzt)
Joachim Kronsbein
3 comentários:
Hi!?
Not more I can say!?
Thanks for the kind words!?
I feel the same way!?
Thanks for being you!?
No need to thank me, Joel! I only wrote what I feel, that's all. And all I want and wish is that you get more and more confident about yourself.
All the best! :-)
Mein lieber Hans!
Wenn ich's überhaupt geschafft habe, dann solltest Du Dich wohl eher beim Spiegel bedanken, oder?
Du weisst doch, so heisst der «neue Mann» der Metropolen (und doch nicht derjenige, der es in der U-bahn treibt. Mein Gott, wie ich schon wie ein Verrückter gelacht habe! (lol) Unblaublich!) Dabei bin ich mit Dir auch einverstanden: Der IP macht bestimmt kein Sex in der Metro...
Übrigens: Es gibt heutzutage auch der «Metroleszent» (The Observer+Der Spiegel). Was sagat Du denn dazu? (Vielleicht lese ich es lieber nicht, oder?...)
Recht liebe Grüsse, mein Freund!
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